Einwohner: 800 Stand 31.12.2021
Ortsteilbürgermeister: Maik Schwabe
Zur Geschichte von Lengefeld
Eines der ältesten Dörfer im Altkreis Mühlhausen in Thüringen kann auf Namensvetter bei Bad Kösen, Sangerhausen, Weimar, Korbach und im Erzgebirge verweisen. Das »Doringysche Lengevelth« (thüringische Lengefeld) wird oft mit dem im heutigen Unstrut-Hainich-Landkreis befindlichen Lengenfeld unterm Stein im Eichsfeld verwechselt.
Lengefeld erstreckt sich - etwa zehn Kilometer nordwestlich von Mühlhausen - wie ein langes Feld in einer Mulde, durch welche die Luhne fließt. Unmittelbar westlich des Ortes zieht sich der Mühlhäuser Landgraben dahin. Dieser ist eine 26 Kilometer lange frühmittelalterliche Befestigungsanlage, die zum Schutz der 19 Dörfer der Freien Reichsstadt Mühlhausen angelegt wurde.
Der Landgraben - nordwestlich von Mühlhausen - schützte auch das Thüringer Gebiet vor den Raubrittern des Eichsfeldes. Er bestand aus einem Wall und einem Doppelgraben. Der Wall war mit Bäumen und Strauchwerk bewachsen, das niedergebogen und verflochten wurde. An den Durchfahrten befanden sich Schlagbäume und Warttürme, von denen die feindlichen Truppen mit Zeichen den reichsstädtischen Dörfern gemeldet wurden.
Von den einst acht Warten ist heute noch an der Bundesstraße 247 die Lengefelder Warte - das »Tor zum Eichsfeld« - gut erhalten.
Seit über 60 Jahren ist jener bekannte Landgasthof in Familienbesitz. Anfang der neunziger Jahre wurde in unmittelbarer Nähe des Landgrabens der komfortable Hotel Gasthof "Lengefelder Warte" erbaut. Der Fremdenverkehrsverband - der aus dem Mühlhäuser Landgraben Verein hervorging - initiiert Wanderungen (Märzenbecher-, Adonisröschen-, Frauenschuhwanderungen), Feste und anderes.
Das Dorf Lengefeld wurde bald nach dem Untergang des großen Thüringer Reiches im Jahre 531 gegründet und erstmals 897 im Zusammenhang mit einer Gütertrennung zwischen den Klöstern Hersfeld und Fulda urkundlich erwähnt. In der heutigen Feldflur befanden sich Wüstungen, wie Kühmstedt, Dörnrode und Dangsdorf. Der Bauernkrieg ging an dem Luhnedorf nicht spurlos vorüber.
Am 26. Mai 1525 überfiel eine Reiterschar das Dorf, und der Vogt vom Scharfenstein drohte den Lengefeldern: »Seid ihr noch martinisch? Wir wollen euch lutherischen Buben jetzt lehren. . .« Daraufhin wurde geplündert und gebrandschatzt, so dass 27 Bauernhöfe in Schutt und Asche gelegt wurden und nur drei Gehöfte und die damalige Kirche stehen blieben.
Die Pest - der »Schwarze Tod« - forderte mehrfach ihre Opfer, so dass 1611 sogar 184 Einwohner zu beklagen waren.
Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648) zog ein Lengefelder wie der Simplicius aus Grimmelshausens berühmtem Roman durch die Lande und führte ein ähnlich bewegtes Leben. Jener »Lengefelder Simplex« Michael Kirchner wurde noch mit 56 Jahren Pfarrer im Brandenburgischen und starb mit 108 Jahren.
Bis Anfang des 19. Jahrhunderts führte durch den Ort eine alte Heer- und Handelsstrasse von Nürnberg nach Hamburg, die unter anderem der Kurfürst von Mainz, die Königin Luise von Preußen und 1801 Johann Wolfgang von Goethe benutzten. Letzterer schrieb in sein Tagebuch: »Früh fünfeinhalb von Mühlhausen ab durch Ammern, wo man über die Unstrut kommt, in einem schönen Wiesengrunde nach Lengefeld, immer höher dem Eichsfelde näher.« In der Nähe jener Handelsstrasse befanden sich im Süden drei Steinkreuze aus dem 14./15. Jahrhundert, von denen das Haurieder Kreuz am Schildbach nicht mehr vorhanden ist, aber die beiden in Lengefeld auf dem Gottesacker unter drei Eichen im Mühlhäuser Tor.
Einst war südöstlich des Ortes an der Heerstraße ein Siechenhaus zu finden.
Fast bedeutungslos wurde die alte Handelsstraße als 1817 die »Kunststraße« auf der Mark zwischen Horsmar und Lengefeld eröffnet wurde die heutige Bundesstraße 247.
Das Dorf wurde von vielen Bränden heimgesucht, wie 1686, als 45 Gehöfte zerstört wurden. Die Luhne, die im höher gelegenen Eichsfeld entspringt und in die Unstrut bei Ammern mündet betrieb nicht nur jahrhundertelang die Ober- und die Untermühle, sondern setzte vielfach das Dorf unter Wasser, so dass Hochwasser und Überschwemmungen oft große Schäden anrichteten. Erst 1953/54 wurde südöstlich des Ortes ein Staudamm mit einem Rückhaltehecken angelegt, um die Mühlhäuser Unterdörfer zu schützen.
Im 19. Jahrhundert zog es auch zahlreiche Lengefelder in die Ferne, um Arbeit und Lohn, aber auch das Glück zu suchen, wie Johann Georg Höch nach Amerika.
Stellvertretend für die namhaften im Luhnedorf geborenen Lengefelder sei auf Professor Dr. Adolf SeIlmann (1868 - 1947) verwiesen. Er erwarb sich als Pädagoge, Autor, Regionalhistoriker und Chronist bleibende Verdienste, so dass in seinem Geburtsort eine Straße nach ihm benannt wurde.
Seit den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts entstanden mehrere kleine Neubaugebiete wie Schützenstieg, Siedlung, Mühlhäuser Tor, Bickenrieder Weg, Dörnaer Weg und Luhner Weg. Zu Beginn der neunziger Jahre entstand auf dem alten Sportplatz der Wohnpark »Eiweideweg« mit annähernd einhundert Wohneinheiten, so dass 1996 wieder über eintausend Einwohner erreicht wurden. Nach 1989 etablierten sich über 30 Firmen und Gewerbetreibende im Ort.
Der stattliche Turm der 1896 erbauten Johanniskirche prägt weithin dass Dorfbild. 1996 konnte die Kirchgemeinde die l00 - Jahrfeier ihres wahrscheinlich dritten Gotteshauses begehen. Vor dem Angertor wurde 1818 der neue Friedhof angelegt und in unmittelbarer Nähe in den zwanziger Jahren ein Kriegerdenkmal aufgestellt. Im Zentrum des Ortes feiern die "Lotschen" (Latschen) - so der Spitzname der Lengefelder - Anfang November ihre Kirmes in der Gemeindegaststätte.
Trieb man früher manchen Schabernack in den »Spinnstuben«, so pflegen die Lengefelder heute ein vielfältiges Vereinsleben, das im Gemeindesaal, auf dem Festplatz oder dem Sportplatz stattfindet. Im Ort bestehen unter anderem eine Jugendfeuerwehr, ein Feuerwehr-, Sport, Kleingarten-, Kleintierzüchter-, Schützen- und ein Heimatverein, Volkschor und Karnevalsclub.
Im Altkreis Mühlhausen wurden etwa 3000 Hektar unter Landschaftsschutz gestellt, wie zwei Naturschutzgebiete, sechs Landschaftsschutzgehiete und 97 Flächennaturdenkmale. Zu letzteren zählen bei Lengefeld der Hasenberg, der Kühmstedter Bach und die Kühmstedter Waldwiese, die sich östlich der Lengefelder Warte erstreckt.
entnommen dem Buch: "Lengefeld am Mühlhäuser Landgraben"